An einem Tag im April...

...vor knapp zwei Jahren schloss ich meine Bürotür und ein Gedanke ging mir durch den Kopf, der mich erschreckte und gleichzeitig wegen seiner Heftigkeit, mit der er sich mir aufdrängte, überraschte. Es war kurz vor Ostern und ich hatte eine Woche Urlaub vor mir, die ich nach den ersten drei aufreibenden Monaten im Jahr dringlich herbei gesehnt hatte. Bis zu dem Moment, als ich die Tür schloss, hatte ich nur diesen Wunsch nach frei sein, wie lange ich diese freie Zeit brauchte war mir nicht bewußt. Und jetzt also, als der Zeitpunkt endlich heran war, schoss mir durch den Kopf, dass ich am liebstendrei Wochen frei hätte. Erschreckender Gedanke, weil ich nur eine Woche nehmen konnte, ich brauchte ja meinen Urlaub für die anderen Ferienwochen im Jahr. Aber ich fühlte dieses Bedürfnis plötzlich ganz deutlich, und dennoch verscheuchte ich diesen Wunsch erstmal mit den beruhigenden Worten, das es schon reichen würde. Ich würde einfach im Garten arbeiten und durch den Flow dort wieder Lust auf die Arbeit bekommen.

 

In dieser einen Woche Ferien wollten meine Lust und Kraft einfach nicht zurück kehren. Sonst nach Auszeiten trat zu deren Ende regelmäßig der Punkt ein, an dem ich spürte, mich wieder an die Arbeit machen zu wollen; ich fühlte mich energie- und lustvoll. Aber in dieser Zeit im April vor anderthalb Jahren spürte ich keine Lust, keine Kraft...einfach NICHTS. Ich war ratlos und teilte mich meinem Mann mit, der, in den kommenden Monaten auch mein Fels in der Brandung, mich zum Arzt schickte. Ich wählte eine Ärztin, bei der ich das Gefühl hatte, offen sein zu können. Denn es war mir unglaublich peinlich zuzugeben, dass ich gerade „einfach keine Lust“ hatte. Das konnte ich nicht jedem mitteilen und selbst bei der mir vertrauten Ärztin fiel mir das sehr schwer. Sie schrieb mich erstmal für zwei Wochen krank und meinte, ich solle mich mal auf einen längeren Zeitraum einrichten. Das glaubte ich ihr natürlich nicht, denn ich musste doch wieder zurück. Ich konnte doch meine Kolleginnen und Kollegen nicht so lange allein lassen, schließlich tragte ich als Chefin die gesamte Verantwortung und es gab doch noch so viel zu tun. Und „keine Lust“ gibt es nicht. Die sich mir schon seit Monaten zeigenden körperlichen Symptome nahm ich überhaupt nicht wahr.


 

Aus diesen zwei Wochen Krankschreibung wurden nochmal zwei Wochen und nochmal und nochmal. Ich spürte eine große Leere in mir und konnte mir nicht erklären, was mit mir los war. Meine Ärztin, keine Fachärztin, aber eine Frau mit viel Erfahrung, drängte mich nicht, beurteilte nichts, sondern gab mir erstmal nur den Raum, mich selbst zu finden. Hätte sie mir zu diesem Zeitpunkt erklärt, ich hätte ein Burnout, hätte ich ihr das nicht geglaubt und zurück gewiesen. „Burnout“, eine Modeerscheinung und was für Menschen, die sich nicht genug anstrengten, so meine Gedanken damals. 


 

Nach etwas mehr als einem Monat kamen zu meinem Herzklopfen, meinen Schlafstörungen, Verspannungen, Schwitzen und anderen Symptomen noch Ohrgeräusche hinzu. Ein ständiges Rauschen, was mich dann an den Rand der Verzweiflung gebracht hat und zu meinen düstersten Stunden in dieser Zeit. Ich spürte, dass ich mehr brauchte und sprach die Menschen an, die ein wichtiger Teil im Genesungsprozess wurden: meine Heilpraktikerin und mein Psychologe. Auch dort drängte mich niemand mit einer Beurteilung, mit einem Begriff über meinen Zustand, sondern unterstützte mich, meine körperlichen Symptome sowohl über physische als auch durch psychotherapeutische Mittel langsam „in den Griff“ zu bekommen. 


 

Nach ca. einem Monat, als es noch nicht besser wurde, das Ohr mich an den Rand meines Lebensmutes gebracht hat, sagte meine Heilpraktikerin zu mir, dass ich mich vielleicht nicht immer fragen solle, wann ich wieder arbeiten kann, sondern anders herum mir die Zeit nehmen ohne darüber nachzudenken. Das mag leichter gesagt als getan sein, aber für mich hat es in diesem Augenblick das erste Mal so richtig „klick“ gemacht. Ich wollte ständig funktionieren, niemanden allein lassen. Die Schuldgefühle den Kolleginnen und Kollegen gegenüber waren unerträglich. 

In diesem Augenblick war ich in der Lage loszulassen. Ich habe mit meinem Chef offen gesprochen, dass ich gerade nicht weiß, wann ich zurück kommen werde und habe ihn gebeten, die Kommunikation darüber mit den Kolleginen und Kollegen zu führen. Ich habe jegliche Angebote der Hilfe an die Arbeit von meiner Seite eingestellt und habe zum ersten Mal angefangen nach mir zu schauen. Das zu tun, was mir gut tut, nur damit es mir gut geht und ich nicht für alles und alle anderen funktioniere. Das war ein himmelweiter Unterschied zu der Haltung, die ich vorher gepflegt und mit der ich vorher meditiert und andere gesundheitsfördernde Maßnahmen angegangen bin. Dieses Loslassen hat mir ermöglicht, gesund zu werden und eine neue Richtung im Umgang mit mir selbst einzuschlagen.


 

Zwei Monate nach diesem Klicken in meinem Kopf bin ich wieder arbeiten gegangen. Noch nicht voll und das war genau richtig so. Das Ringen in mir, nicht wieder mehr und mehr zu geben, sondern genau auf meine Bedürfnisse und damit verbundene Kraft zu achten, hört auch nach einem Jahr Arbeit und mittlerweile wieder Vollzeit nicht auf. Aber ich bin ein großes Stück weiter und weiß, dass es vermutlich nie wieder aufhören wird. Und auch das ist gut so, denn so bleibe ich im Bewußtsein über mich selbst.


 

Mit meinem Weg will ich zeigen, dass sich ein Burnout ganz unterschiedlich bemerkbar macht und anfühlt. Wir sind alle unterschiedlich und gerade als Perfektionistin, um mein Beispiel aufzugreifen, die sich ja immer genug anstrengt, stimmen die gemeinhin bekannten und beschriebenen Verhaltensmuster und Probleme von Burnout-Betroffenen überhaupt nicht mit dem eigenen Gefühl überein.

Ich möchte alle ermutigen, in sich hinein zu hören und die unguten Gefühle und eventuell Symptome zuzulassen. Nur so, und unter Umständen mit externer Hilfe zur Reflektion, gibt es Erkenntnis und die Möglichkeit auf Veränderung und einem besseren Lebensgefühl.


 

In meiner jetzigen Arbeit ist es mir ein Bedürfnis meine Mitarbeitenden dazu zu ermutigen, besser auf sich zu hören, denn auch bei ihnen nehme ich immer wieder einen hohen Leistungswillen und manchmal zu wenig Selbstfürsorge wahr.


 

Als -bisher teilselbständige- systemische Coachin will ich Euch Frauen unterstützen, Euch Eurer Bedürfnisse bewußt zu werden und trotz aller Umstände um Euch herum, gut für Euch zu sorgen, um einer ähnlichen Geschichte wie meiner vorzubeugen. Ich helfe auch gern, wenn Ihr Euch ähnlich fühlt, wie ich es getan habe, indem wir gemeinsam auf Eure Situation schauen und sortieren.

Ich freue mich, wenn Ihr Euch durch meine Geschichte angesprochen fühlt und bei mir meldet.

 

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